Meditieren Lernen



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Ist Meditation etwas für mich?

Meditation ist in unserer Wahrnehmung stark verknüpft mit Dingen die den meisten Menschen eher fremd sind. Esoterik, Spiritualität, Religion, Buddhismus, Yoga etc. Das hält viele davon ab sich überhaupt mit dem Thema zu beschäftigen. Und das ist Schade, denn:

Meditation beginnt für jeden anders. Ein Artikel über Meditation in der Zeitung erweckt ein Bedürfnis. Ein Fremder spricht mit uns zufällig über Meditation. Aber was er sagt, hat weniger Bedeutung, als wie er wirkt. Er wirkt glücklich. Mit sich selbst im Reinen. Oder man schlendert an einem Samstagnachmittag in eine Buchhandlung, nimmt ein Buch von Osho in die Hand und beginnt zu lesen. Für andere ist es ein Bild vom Dalai Lama. Man wird inspiriert genauso gelassen durchs Leben zu gehen wie er. Wie schwierig kann es schon sein?

Der eigentliche Punkt, an dem das Interesse geweckt wird, ist nicht von Bedeutung. Von Bedeutung ist, dass die Stimme der Intuition nicht länger auf verschlossene Türen trifft. Diese leise Stimme, die einem sagt, dass weder die nächste Diät, noch der Partner, das neue Haus, der bessere Beruf, die nächste Ausbildung oder das schöne, rote Kleid die Leere in einem zu füllen vermag. Irgendwann kommt der Tag, an dem man erkennt, dass das wahre Glück nur durch eine Veränderung in einem Selbst zustande kommt.

Aber was ist Mediation?

Meditation ist nicht eine gewisse Position für Stunden zu halten. Mediation ist nicht in einem Ashram in Indien zu entdecken. Meditation ist nicht den Worten eines Meisters zu folgen. Meditation ist nicht mit fünfzehn anderen schweigend zu sitzen. Wenn das Meditation wäre - wäre es einfach. Meditation ist in Essenz: Mit sich selbst zu sitzen. Ohne Ablenkung. Ohne Essen. Ohne Sprechen. Ohne seinen manipulativen Emotionen zu folgen. Ohne sich in dem Labyrinth seiner wirren Gedanken zu verrennen. Sein Selbst so zu akzeptieren, wie es in diesem Moment ist.

Das ist Mediation und deshalb ist es schwierig. Man tut alles, nur um nicht bei sich zu sein. Man isst mehr als man benötigt. Man trinkt öfter, als man es möchte. Man sieht stundenlang fernsehen, ohne etwas wirklich Interessantes gesehen zu haben. Man liest, man arbeitet, man spricht mit Menschen, die man nicht mag. Man verbleibt in Beziehungen, die nicht gesund sind. Man läuft ins Fitnessstudio, um dort stundenlang auf einem Laufband weiterzulaufen. Die westliche Welt ist darauf ausgerichtet, einem genügend Möglichkeiten zu bieten, nicht bei sich zu sein.

Wenn man an Meditation denkt, sieht man zuerst an einen indischen Meister mit langem Bart vor sich. Oder man denkt an stundenlanges Verharren im Schneidersitz. Man denkt an eine Stimme auf einer Aufnahme, die einem auf einem Strandspaziergang begleitet. Aber woran man weniger denkt, ist, dass Meditation eine Lebenseinstellung ist.

Wer ist man?

Wer ist man, wenn man die Maske der guten Mutter, des starken Vaters, des erfolgreichen Geschäftsmannes loslässt? Wer ist man, wenn man sich nicht mehr hinter einem Universitätstitel verbergen, oder hinter einem alten Familiennamen verstecken kann? Wenn man weder den Schutz einer Gruppe, einer Religion, einer Nationalität, einer Hautfarbe hat? Wer ist man, wenn man ohne Maske alleine in einem Raum steht?

Meditation ist ein Prozess, in dem man versucht ohne Maske bei sich selbst zu sein. Nicht an einem Wunschbild zu hängen. Sich nicht in eine Traumwelt zu verkriechen. Nicht in veralteten Gedanken zu verharren. Sondern bei seinem Herzschlag zu verweilen. In seinem Körper zu sein. Kurzum: im Hier und Jetzt.

Leben und Denken im Hier und Jetzt

Diese zwei Worte bestechen. Endlich zur Ruhe kommen. Nicht im Gestern leben und Angst vor dem Morgen zu haben. Aber selten sind die Augenblicke, wo einem dies gelingt. Um im Hier und Jetzt zu leben, muss man mit sich im Hier und Jetzt ausharren können. Und das ist das eigentliche Problem. Denn dieses Ich im Hier und Jetzt ist noch nicht gut genug. Dieses Ich im Hier und Jetzt ist noch befleckt von den Fehlern, die man gestern, vor einer Woche, vor fünf Jahren gemacht hat. Dieses Ich im Hier und Jetzt ist: Immer noch zu dick, noch immer nicht wohlhabend genug, zu hässlich und mit Sicherheit nicht intelligent genug um von einem Selbst akzeptiert zu werden.

Diese Suche nach mehr ist das Erste, dass man aufgeben muss, wenn man sich hinsetzt. Nicht die Yoga-Matte ist wichtig, oder der Lehrer, oder die passende Position. Es gibt keine Musik, die von Wichtigkeit ist, oder Worte, die gesagt werden müssen. Die schwierigste Hürde ist das Zurücklassen des Wunsches, etwas anderes zu sein, als man ist.

Der Heilige Gral der Meditation: Zen-Mind

Was ist Zen-Mind? Interessant ist, dass wenn man im deutschsprachigen Raum von Zen spricht, man von Techniken, Traditionen, Methoden, Geschichte und Lehrern spricht. Aber im englischsprachigen Raum hat sich die Kombination von diesen zwei Wörtern so stark eingebürgert, dass sie im alltäglichen Sprachgebrauch verwendet wird: Zen-Mind. Mind wird oft mit Verstand übersetzt. Aber in diesem Fall beschreibt es einen Zustand des Seins. Wir sind im Zen. Wir sind in dem Moment, wo wir mit uns im Reinen sind.

Wo Emotionen nicht mehr die eigenen Emotionen sind, sondern einfach nur Emotionen. Gedanken einem nicht mehr gehören, sondern einfach nur Gedanken sind. Wo Aufmerksamkeit nicht im Außen, in der Welt voller Illusionen, sondern im Inneren ist.

Aber um dieses Stadium zu erreichen, muss man sich zwei weiteren Schwierigkeiten stellen: Emotionen und Gedanken. Diese zwei Bereiche der Menschlichkeit haben sich stark in die Psyche der westlichen Welt verankert. Realität wird definiert durch das, was man fühlt, denkt, sieht, hört, spricht, liest. Emotionen nicht als sein Eigentum zu betrachten, ist zuerst abwegig. Man stelle sich vor, dass die Wut, die man auf seinen Partner fühlt, nicht die eigene Wut ist, sondern einfach nur Wut. Dann stelle man sich vor, dass die Liebe, die man für seinen Partner empfindet, nicht die eigene Liebe ist, sondern einfach nur Liebe.

Man stelle sich vor, dass die Gedanken und die Ideen, die hinter einem jahrelang andauernden Arbeitsprojekt stehen, nicht die eigenen Gedanken und Ideen sind, sondern einfach nur Gedanken und Ideen, welche wie ein sanfter Wind einen gestreift haben. Man kann diesen Wind einfangen und sein Eigen nennen, aber am Ende ist der Ursprung des Windes ungewiss. Wenn etwas gut ist, wenn sich etwas gut anfühlt, identifiziert man sich gerne damit. Und wenn es sich schlecht anfühlt, würde man alles tun, um es von sich abweisen zu können.

Der Zen-Mind ist der Zustand, wenn man aufhört, sich mit etwas zu identifizieren und erkennt, dass etwas einfach nur ist. Man ist nackt. Wehrlos. Schutzlos. Ohne Maske. Ohne Gruppe, die einen schützt. Ohne Ziele, ohne Träume, ohne Wünsche. Ich bin.

Der schmerzhafte Weg der Meditation

Wenn man zuerst über Schmerzen in der Meditation nachdenkt, denkt man an die physischen Schmerzen, des stundenlangen Sitzens. Dann denkt man an die Schmerzen, wenn man sich mit seinen Emotionen konfrontiert. Oder an die Schmerzen, wenn Gedanken aufkommen, die weder rein oder gut, noch von besonderer Qualität sind. Aber die Schmerzen, die einem zum Aufgeben verleiten können, sind die Schmerzen, die man empfindet, sobald man sich mit dem eigenen Ego-Selbstbild auseinandersetzt. Dieses Selbstbild ist ein Ideal. Ein Ideal, das man werden kann, wenn man nur … Ein Ideal, das man erreichen muss, um glücklich zu sein.

Dieses Ideal flüstert mit verlockender Stimme: Die anderen haben unrecht, nur du hast recht. Die anderen sehen deinen inneren Glanz nicht, aber du bist die Schönste im ganzen Land. Du bist einzigartig. Dieses Idealbild, das man versucht durch sein tägliches Tun aufrechtzuerhalten, ist am schmerzlichsten aufzugeben. Dieses Idealbild hat einem die Illusion gegeben, etwas oder jemand zu sein. Hinter den diversen Masken, die man sich täglich aufsetzt, steht das Idealbild. Was das Sitzen und sich auf den nächsten Atemzug konzentrieren freilegt, ist schockierend: Denn man erkennt, dass man nichts von dem ist, mit dem man sich ein Leben lang identifiziert hat.

Das Nichts

Wir sind weder unsere Emotionen oder unsere Gedanken noch unser Idealbild. Jedoch scheint es, dass die Realität unseres Lebens von diesen Bereichen definiert wird. Wenn wir all dies aufgeben, was bleibt dann übrig? Einige würden sagen: nichts. Andere würden sagen: unser wahres Selbst.

Was am Ende dieses Weges steht, wird immer wieder von Mystikern, Meistern und Gelehrten beschrieben. Aber verstanden wird es wohl erst werden, wenn man es selbst erfährt. Was man aber verstehen kann, ist die einzigartige Form der Liebe, die von diesen Menschen ausstrahlt. Aus den Augen dieser Menschen, die das Nichts akzeptiert haben, strahlt die Ruhe des Universums.

Für die meisten ist Meditation nicht das Erreichen dieses Zustandes. Es ist mehr ein Tägliches bei sich sein. Eine tägliche Bestätigung, dass man immer wieder zur Ruhe kommen kann, auch wenn man mitten in einem Sturm steht. Und das alleine ist schon ein kleines Nirwana.